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Nach der Telefonkonferenz geht es weiter, entlang der Großbeerenstraße in Richtung Viktoriapark. Vor dem Projektraum Ventilator 24 in der Katzbachstraße wird Kaffee getrunken, geplaudert, werden Joints gedreht.
Ein Mann, barfuß und in weißem Kittel, der aussieht, als wäre er einer psychiatrischen Anstalt entlaufen, betritt den Gehweg. Es ist der Künstler Franz J. Hugo von parapetto__gemelos2000 &guests
Mitten auf dem Fußweg hat er eine Versuchsanordnung installiert, die aus zwei Betonwannen, zwei Wassereimern, einem Reißwolf und einem Stehpult auf Rollen besteht, darauf ein Stapel Buntpapier. Auf dem Fußboden verteilt liegen keimende Kartoffeln mit langen, knorpeligen Wurzeln. Ohne ein Wort zu verlieren, schert er sich die dunklen Haare, die in kleinen Büscheln auf dem Gehweg landen. Mit schwarzem Filzstift schreibt er „Hass“ auf einen Zettel, um ihn dann im Reißwolf zu versenken. Es folgen Mord, Gier, Gewalt, Krieg, Konsum. Danach zuckelt er mit seinem Rollator los, um sich von jedem der Zuschauer ein weiteres Wort aufschreiben zu lassen. Ausnahmslos alle machen mit und es wird klar, dass sich die Zuschauer als Teil einer urbanen Gesamtchoreografie begreifen. Auch Neid, Rassismus, Vergewaltigung und Trump werden durch den Reißwolf gejagt, um anschließend im Betonzuber mit Gipspulver, Wasser und den Haarbüscheln zu grauem Schlick verarbeitet zu werden. Und weil das Ganze noch nicht bizarr genug ist, greift der Künstler hinein und klatscht sich die Masse auf den Kopf und über den Körper, reißt dann seinen Kittel auf und gibt lange, schmerzerfüllte Laute von sich. Das Ergebnis atmet den Geist von Fluxus und Happening. Unklar bleibt, welche Rolle der Zuschauer einnimmt. Was machen aus dem hingeworfenen Eindrücken, der provozierten Verunsicherung? Einfach nur Angaffen? Doch schon gibt’s Applaus – und Abgang in die laue Berliner Frühsommernacht.
Text: © Friederike Oertel – freie Journalistin
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Der Tagesspiegel Nr. 18224 vom 29.08.2003 BERLIN-KULTUR
von Franziska Richter Sünden auf die Waage legen
Wie 100 Künstler aus aller Welt zum Trafalgar Square pilgerten und schließlich in Berlin an kommen.
Vier Holzkisten, gefüllt mit Erde, Sand, Torf und Kies, symmetrisch in einem kleinen quadratischen Abseits angeordnet, ein Stapel Zettel, wie auf einem Altar am Kopf des Raumes dargeboten und in einer Nische ein Tonkrug, davor Streichhölzer – eine Versuchsanordnung:
In drei Phasen kann sich der Besucher im Umspannwerk auf die Suche nach der Wahrheit begeben. Ein Bild aus den Materialien kneten, ein Bild malen und es schließlich wieder verbrennen. Nichts ist von Dauer. Warum also Kunst? Oder sieht der Berliner Künstler Franz J. Hugo in seiner Installation „Fleisch und Blut im Austausch mit der Erde und der Zeichnung“ sowohl Gottes schöpferische Hand als auch den natürlichen Kreislauf der Vergänglichkeit? Noch bis zum 7.9. in der Backfabrik, Umspannwerk Kreuzberg, Möbelfabrik, InterConti-Arkaden und mehreren Galerien zu sehen. Den ganzen Artikel beim Tagesspiegel lesen
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Pressemitteilung vom 01. 11. 2007
25 Jahre Weekend Gallery: Ausstellung „Malerei und Skulptur“ von Franz J. Hugo. Zu ihrem 25jährigen Bestehen präsentiert die Weekend Gallery Gemälde und Skulpturen des Berliner Künstlers Franz J. Hugo. In intensiver Auseinander-setzung mit der menschlichen Physiognomie erkunden Franz J. Hugos Werke den Spielraum zwischen Ornament und Deformation. Zu sehen ist die Ausstellung vom 15. bis zum 30. November in der Schloßstrasse 62.
Die Vernissage findet am Mittwoch, den 14. November von 18 bis 22 Uhr statt.
Franz J. Hugo ist seit 1993 als Künstler in Berlin tätig. Bekannt wurde er u.a. durch die Gründung der Gruppe „10.000“ und der gleichnamigen Galerie. Weithin Beachtung fanden seine Beiträge zu der der Biennale London sowie den Ausstellungen M.A.I.S in Köln und Berlin, die von Torsten und Nina Römer initiiert wurden. Während die Installationen und Performances von Franz J. Hugo dem Verhältnis von Körperlichkeit, Gesellschaft und elementarer Natur nachgehen, verschreibt sich sein bildnerisches und plastisches Werk den magischen Aspekten des menschlichen Antlitzes. Die in der aktuellen Ausstellung gezeigten Werke drängen unter die Oberfläche, suchen einen Weg nach innen, der sich von der Momentfixierung des Portraits löst und als Pfad durch die Zeiten führt. Im Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Gegenwart entfalten die physiognomischen Studien einen rituellen Horizont, der das Individuelle der Gesichter überwölbt und verbindet. Das rituelle Moment der Kunst Franz J. Hugos inszeniert Begegnungen mit manchem, was aus der Welt gefallen schien, und deutet darin über diese Welt hinaus.
Die Weekend Gallery zeigt die Ausstellung „Franz J. Hugo – Malerei & Skulptur“ vom 15. bis zum 30. Nov. 2007 donnerstags bis sonntags zwischen 15 und 19 Uhr in der Schloßstrasse 62, 14059 Berlin-Charlottenburg. Die Vernissage findet am Mittwoch, den 14. November, von 18 bis 22 Uhr statt.
Pressetext von Dr. Michael Luhnen weekendgallery